Pflegealltag ist oft undankbar
Daniel Hagemeier im Gespräch mit dem Team des Von-Galen-Hauses Oelde
Sie alle üben ihren Beruf mit Herzblut aus – aber sie alle leiden auch unter den mitunter sehr schwierigen Rahmenbedingungen für Pflege und Gesundheitspolitik: Diese Rückmeldung erhielt der CDU-Landtagspolitiker Daniel Hagemeier jetzt im Austausch mit den verantwortlichen Pflegefachkräften des Seniorenzentrums Von-Galen-Haus in Oelde.
Pflegereform dringend notwendig
„Sie leisten hier hervorragende Arbeit, und genau das ist es, was wir uns für NRW wünschen: eine qualitativ hochwertige Versorgung“, begann Hagemeier das Gespräch, an dem neben Geschäftsführerin Birgit Schwichtenhövel und Pflegedienstleiter Christian Thiemann auch die Bereichsleitungen teilnahmen. Ihm sei aber bewusst, wie groß die Herausforderungen seien, angefangen bei dem oft wenig attraktiven Image, das viele Berufsanfänger abschrecke, über Finanzierungslücken und mangelnde Digitalisierung bis hin zum Personalmangel. „50 Prozent der heute in NRW tätigen Pflegefachkräfte sind über 50 Jahre alt“, nannte er eine konkrete Zahl, „ein erheblicher Teil wird also innerhalb der kommenden zehn Jahre aus dem Beruf ausscheiden“. Zwar habe man in den zurückliegenden Jahren ein Drittel mehr Azubis in der Pflege ausgebildet – die Kunst bestünde nun aber darin, diese Arbeitskräfte auch in dem Berufsfeld zu halten. Hier müsse die Politik mit allen Mitteln Lösungen finden, um die Rahmenbedingungen zu verbessern, und zwar von höchster Ebene aus: „Wir erwarten von Seiten der Bundesregierung eine so umfangreiche Pflegereform in enger Verzahnung mit der Branche, dass wir uns Pflege auch in zehn Jahren noch leisten können!“
Viele kleine Stellschrauben
Von Landesseite aus habe die Regierungskoalition im Rahmen der Initiative „Fachkräfteoffensive NRW“ verschiedene Maßnahmen in die Wege geleitet, um die Situation mittelfristig zu entschärfen. Beispielhaft nannte Daniel Hagemeier die Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze und die Übernahme der Ausbildungskosten, die Erhöhung der Schulkostenpauschale für Pflegeschulen und nicht zuletzt die Einrichtung einer Pflegekammer. „Wir wollen der Pflege eine Stimme geben, es ihr ermöglichen, bei Verhandlungen auf Augenhöhe mit am Tisch zu sitzen.“ Im Zuge dessen hätten die Landesmittel ein Rekordniveau erreicht: „Unser Pflegeetat liegt 2025 bei rund 220 Millionen Euro für Innovation, Beratung, Pflegeinfrastruktur, Ausbildung, Pflegeberatung und Beteiligung.“
Fachkräfte aus dem Ausland gewinnen
Doch trotz aller vereinter Anstrengungen drückt im beruflichen Alltag oft der Schuh, wie das Team des Von-Galen-Hauses zu berichten wusste. Ein Beispiel ist die Fachkräftegewinnung aus dem Ausland, wie Christian Thiemann skizzierte: „Bei uns bewerben sich Menschen, die wollen – aber nicht dürfen, weil die Prüfverfahren zu lange dauern. Wir verbauen uns damit selbst den Weg, qualifiziertes Personal aus dem Ausland einzustellen.“ Der CDU-Landtagsabgeordnete stimmte zu: „Es ist uns zwar inzwischen gelungen, das Verfahren zu verkürzen – aber das reicht immer noch nicht. Wir werden es nur durch eigene Ausbildung nicht schaffen, die Pensionswelle aufzufangen.“
Lange Wartezeiten bei Kostenbescheiden
Ein anderer Punkt liegt Geschäftsführerin Birgit Schwichtenhövel besonders am Herzen: Personalnotstand beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) habe dazu geführt, dass die Investitionskostenbescheide, die die Bewohnerinnen und Bewohner sowie ihre Angehörigen bei Erhaltung, Modernisierung oder Erweiterung in die Pflicht nehmen, erst mit dreijähriger Verzögerung angekommen seien. „Wir mussten die Summen vorfinanzieren“, gab Schwichtenhövel zu bedenken. „Manche Häuser, die gute Arbeit leisten, hat das in die Insolvenz getrieben.“ Zudem sei es für alle Beteiligten eine Zumutung, Angehörigen mitunter mehrere Jahre nach Ableben der zu pflegenden Person eine hohe Rechnung zuzustellen. „Das führt zu immensen Verwerfungen!“, so die Geschäftsführerin. Nicht zuletzt bleibe die Einrichtung im Zuge des verzögerten Prozesses manchmal auf den Kosten sitzen.
Personalschlüssel nicht mehr passend
Ein weiterer Punkt: „Wir in der Verwaltung müssen mit einem Personalschlüssel arbeiten, der vor 30 Jahren entwickelt wurde!“, fuhr Schwichtenhövel fort. „Das funktioniert bei der Vielzahl von Aufgaben, die hinzugekommen sind, vorne und hinten nicht mehr.“ Hiervon können alle Bereichsleitungen ein Lied singen: Ob Pflegedienst, Hauswirtschaftliche Versorgung oder Gebäudetechnik: Überall häufen sich die Überstunden an. „Wir spüren, dass oft die Motivation zum Einspringen fehlt“, kann Christian Thiemann verstehen, wenn Angestellte dem Druck nicht mehr gewachsen seien. Auch die (zu) umfangreiche Dokumentationspflicht erschwere dem Team die Arbeit. „Eigentlich sollte die Devise ,Mehr Zeit für Pflege‘ lauten – aber das bleibt auf der Strecke“, bedauert der Pflegedienstleiter. „Jeder einzelne Handgriff muss dokumentiert werden.“
Wunsch nach mehr Wertschätzung
„Fühlen Sie sich in der Gesellschaft wertgeschätzt?“, fragte Daniel Hagemeier abschließend – und erntete ein kollektives „Nein“. Wo Mitarbeitende in Krankenhäusern oft noch auf höhere Anerkennung stießen, seien die Seniorenheime deutlich im Nachteil. „Unser Beruf muss attraktiver werden!“, wünscht sich Thiemann. Hagemeier bestätigte, dass die Landesregierung dieses Thema auf der Agenda habe und die Strategie bewusst darauf ausgerichtet sei, das Berufsfeld Altenpflege zu stärken. Lösungsmöglichkeiten sieht er zum Beispiel in der Einführung eines verpflichtenden sozialen Jahres. „Außerdem müssen wir uns überlegen, ob wir in Zeiten des Fachkräftemangels nicht ein Schulpraktikum im Bereich Handwerk/Gesundheit vorgeben, damit die jungen Menschen überhaupt erst einmal wieder in Berührung mit diesen Berufen kommen.“ Auch im Bereich der Digitalisierung bestehe Nachholbedarf – sei es in Bezug auf die flächendeckende Einführung neuer digitaler Lösungen oder auch der besseren Vernetzung der Einrichtungen und Institutionen untereinander. Abschließend dankte er dem Team für den wertvollen Einsatz: „Sie sind eine tragende Säule unserer Gesellschaft!“