Plenarrede am 21.3.24 zu Top 3: Wertschätzung und Anerkennung für die Minderheit der Sinti und Roma als Teil Nordrhein-Westfalens festigen ? Rahmenvereinbarung auf den Weg bringen

Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP

 

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir erinnern uns an die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker zum 8. Mai 1985, dass es keine kollektive Schuld geben kann, da diese immer nur persönlich sein kann.

Umso mehr gibt es aber eine Verpflichtung zur kollektiven Erinnerung. Das gilt nicht nur für die Sternstunden der Biographie eines Landes, sondern vor allem auch für die düstersten und katastrophalsten Kapitel unserer Geschichte.

Dazu gehören die Verbrechen, der Genozid, der von den Nationalsozialisten, denen die Sinti und Roma zum Opfer fielen.

Machen wir uns bewusst, dass die Geschichte der Sinti und Roma als Teil unseres Landes mit ihrer rund 600jährigen Historie viel älter ist als unser Bundesland.

Der große Historiker Golo Mann hat uns ins Stammbuch geschrieben, dass „wer die Vergangenheit nicht kennt, wird die Zukunft nicht in den Griff kriegen.

So wie es keinen Tag ohne Nacht, keinen Frühling ohne Winter gibt, so gibt es auch keine Zukunft ohne Herkunft.

 

Herr Präsident, liebe Kolleginne und Kollegen,

 

unser Anliegen ist es, gemeinsam unsere Zukunft zu gestalten.

Zur Beantwortung dieser Frage stellen die Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP mit dem vorliegenden, gemeinsamen Antrag heute entscheidende Weichen:

 

- Es geht um die weitere Stärkung des Geschichtsbewusstseins und einer lebendigen Erinnerungskultur

- Es geht um unseren Einsatz für Menschenfreundlichkeit und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung

- Es geht um die Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe, und die Verbesserung der Wahrnehmbarkeit von Minderheit in den Medien

- Es geht um die Förderung von Projekten zur Aufklärung über die Geschichte, die Kultur und das Schicksal der Minderheit der Sinti und Roma – zum Beispiel im Rahmen der politischen Bildung

- Es geht darum, um die Sicherung der Grabstätten der in der NS-Zeit verfolgten Sinti und Roma zu gewährleisten

- Und es geht um eine umfassende Anerkennung des nationalsozialistischen Genozids an Sinti und Roma im Rahmen der NS-Diktatur.

 

Deshalb ist es uns demokratischen Parteien ein wichtiges Anliegen in Zukunft:

- Sprache und Kultur zu fördern,

- Projekte zur Aufklärung zu unterstützen

- die Erhaltung historischer Stätten zu sichern

- und die Integration und Gleichberechtigung der Sinti und Roma in Nordrhein-Westfalen voranzubringen.

Dazu schlagen wir heute ein neues Kapitel der Kooperation und der Zusammenarbeit auf.

 

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die demokratischen, konstruktiven Kräfte in diesem Haus sind entschlossen, diese Anliegen und Herausforderungen mit einer strukturierten und nachhaltigen Strategie anzugehen.

Ein Schlüsselelement dieser Strategie die Schaffung einer Rahmenvereinbarung mit dem Landesverband deutscher Sinti und Roma in Nordrhein-Westfalen.

Eine solche Rahmenvereinbarung wird es ermöglichen,

- bestehende Initiativen zu bündeln,

- den Austausch zwischen den verschiedenen Akteuren zu fördern,

- und konkrete Ziele zur Verbesserung der Lebensbedingungen von Sinti und Roma zu definieren und umzusetzen.

 

Die Einbeziehung der Sinti und Roma in den Prozess der Ausgestaltung und Umsetzung ist von zentraler Bedeutung.

Ihre Stimmen und Perspektiven sind unerlässlich.

Denn nur so können wir gewährleisten, dass die getroffenen Maßnahmen effektiv und effizient, wertschätzend und zielführend sind.

Mit dem vorliegenden Antrag stellen wir am heutigen Tag dafür die Weichen.

Mein herzlicher Dank gilt daher den Kolleginnen und Kollegen von SPD, Grünen und FDP für die konstruktive Zusammenarbeit.

Mein Dank gilt aber auch den Vertreterinnen und Vertretern des Landesverbands deutscher Sinti und Roma Nordrhein-Westfalen.

Und mein Dank gilt Nathanael Liminski, dem fachlich zuständigen Chef der Staatskanzlei und Minister für Bundes und Europaangelegenheiten.

 

Meine Damen und Herren,

 

Niemand darf ausgegrenzt werden, allein schon deshalb, weil dies der Menschenwürde entgegenstehen würde. Ebenso darf uns niemand gleichgültig sein.

Gleichgültigkeit hat schon immer zu den dunklen Kapiteln der Geschichte mit beigetragen.

Mit dem heutigen Tag beginnt ein neues, hoffnungsvoll stimmendes Kapitel der wechselvollen und belastenden Geschichte der Sinti und Roma in unserem Land.

 

Ich freue mich auf eine breite Mehrheit zum vorliegenden Antrag und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.